Allgemeine Hinweise zum Arbeiten im Archiv

Unerfahrene Benutzer, die zum ersten Mal ein Archiv betreten, sollten sich bewusst sein, dass hier erfolgreiches Recherchieren anderen Regeln unterliegt, als zum Beispiel in einer Bibliothek.

  1.     Der materielle Inhalt eines Archivs ist im Gegensatz zu einer Bibliothek (die letzten Endes eine durch finanzielle Ressourcen und institutioneller Ausrichtung definierte Sammlung ist) nicht beliebig, sondern klar begrenzt und zwar in territorieller und administrativer Hinsicht (s. den Abschnitt Zuständigkeiten). Das bedeutet, im Staatsarchiv Bozen werden die Archivkörper von Ämtern eines Teils der öffentlichen Verwaltung, nämlich der staatlichen, verwahrt. Zudem handelt es sich um Behörden, die ihren Sitz in der Provinz Bozen (Land Südtirol) haben. Für beide Umstände gilt überdies, dass sie die gegenwärtige Situation betreffen, aber auch gemäß Provenienzprinzip auf die Verhältnisse in der Vergangenheit angewandt werden. Für den Archivbenutzer bedeutet dies: Es ist notwendig, vor einer Recherche und dem Gang ins Archiv zu überlegen, welche Behörde Dokumentation zum gewünschten Thema produziert haben kann und wo diese Behörde ihre Sitz hatte. Beispiel: Die Verwaltung der Grafschaft Tirol, zu der das Gebiet der heutigen Provinz Bozen bis 1918 gehörte, wurde in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts vom Gubernium in Innsbruck ausgeübt. Die Akten des Guberniums, auch diejenigen, die sich auf die Provinz Bozen beziehen, befinden sich heute im Tiroler Landesarchiv in Innsbruck. Im selben Zeitraum wurden, vor allem zur Kontrolle der Lokalverwaltung, neue staatliche Behörden geschaffen, die sogenannten Kreisämter. Im heutigen Land Südtirol gab es zwei Kreisämter, die ihren Sitz in Bozen und in Bruneck hatten. Die Akten dieser Behörden befinden sich, ganz im Einklang zum vorher Beschriebenen, heute im Staatsarchiv Bozen. Bei diesen Überlegungen ist zu berücksichtigen, dass die Abgabefristen der gegenwärtig existierenden Behörden in der Regel 40 Jahre nach Abschluss der den Akten zugrundeliegenden Verwaltungsabläufe betragen. Zugleich muß aber immer damit gerechnet werden, dass nicht alles, was in einem Amt an Akten entsteht, erhalten bleibt. Äußere Widrigkeiten, unsachgemäße Aufbewahrung, Verwahrlosung oder auch nicht genehmigte bzw. aus heutiger Sicht fälschlich vorgenommene Aussonderungsprozeduren führen leider immer wieder dazu, dass man von Vollständigkeit nur selten sprechen kann. Im Falle des Staatsarchivs Bozen muß zudem noch berücksichtigt werden, dass ein erheblicher Teil ehemals hier verwahrter Bestände durch die Errichtung des Südtiroler Landesarchivs an dieses abgetreten worden sind.

  2.     Gemäß der Definition von Archiv als "im Zuge der Ausübung ihrer institutionellen Tätigkeit organisch gewachsenes Schriftgut einer Behörde" besteht ein historisches Archiv wie das Staatsarchiv Bozen aus mehreren Archivkörpern (Bestände), die jedoch alle gesondert aufbewahrt und inhaltlich erschlossen sind. Die Folge für die Benutzung ist, dass es keinen umfassenden Katalog wie in einer Bibliothek oder gar eine computergenerierte Datenbank geben kann, sondern für jeden Bestand ein eigenes Erschließungsinstrument (Findbuch, Inventar, Repertorium, Verzeichnis) besteht. Außerdem sollte sich jeder Benutzer vor Augen halten, dass bei der Erstellung solcher Erschließungsinstrumente die Aufarbeitung bis auf Einzelstückebene nur selten (z.B. bei Urkunden- oder Handschriftenreihen) in Betracht gezogen werden kann. In den meisten Fällen, zum Beispiel bei den Beständen der Verwaltungsbehörden des 19. Jahrhunderts also Gerichten, Kreisämtern, Bezirksämtern oder Bezirkshauptmannschaften, hat es der Archivar mit Aktenmaterial zu tun, das zumeist in starken Bündeln vorliegt. Es ist daher nur möglich, den Inhalt dieser Bündel grob nach bestimmten Sachbetreffen (Schule, Bauwesen, Militär) zu beschreiben.


Für Auskünfte und Informationen stehen die Archivbeamten  natürlich zu jeder Zeit zur Verfügung.